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„Der Lizenzvertrag zwischen Nokia und Daimler ist für die vernetzte Industrie problematisch“

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Am Ende hatten die Ökonomen von Daimler das letzte Wort. Die im Streit mit Nokia um SEPs bereits angefallenen Anwalts- und Gerichtsgebühren werden sie kühl kalkuliert haben. Sie werden überlegt haben, wie viel Geld in den nächsten Monaten übergeben werden müsste, bis der EuGH über die FRAND-Fragestellung des Landgerichts Düsseldorf entschieden hat.

Inzwischen hätten die deutschen Patentgerichte über weitere Klagen von Nokia gegen Daimler entschieden. Im schlimmsten Fall hätte der Autobauer mit dem dreizackigen Stern mit einem Produktionsstillstand rechnen müssen. Eine Lizenz zu akzeptablen Bedingungen wäre dann vorzuziehen, werden die Daimler-Ökonomen gesagt haben. Aber Daimler hätte sowieso irgendwann eine Lizenz akzeptieren müssen.

Beobachter kennen die genauen Bedingungen des Daimler-Deals mit Nokia nicht. Fest steht jedoch, dass nur Daimler eine Lizenz von Nokia akzeptiert hat. Seine Zulieferer wie TomTom, Burry und Continental sind wohl nicht Teil des Deals.

Beides könnte auf Dauer zu Problemen führen – für Zulieferer, die vernetzte Industrie insgesamt und für Daimler.

Daimler umgeht Avanci

Daimler hatte auch die Möglichkeit, eine Avanci-Lizenz zu erwerben. Hinter Nokia steht der einflussreiche Patentpool, der der Automobilindustrie und langfristig allen anderen angeschlossenen Industrien Mobilfunkpatente erteilen will.

Anders als die Konzerne BMW und VW konnte sich Daimler noch nicht dazu durchringen, eine Avanci-Lizenz zu erwerben. Stattdessen unterzeichnete sie individuelle Vereinbarungen mit den drei Poolmitgliedern Sharp, Conversant und Nokia.

Suits by IP Bridge, ein weiteres Poolmitglied, wird fortgesetzt. Vermutlich, so sind Experten zuversichtlich, werden weitere Poolmitglieder gegen Daimler vorgehen, bis die Kosten einzelner Vereinbarungen die einer umfassenden Avanci-Lizenz übersteigen. Der Erfolg des Pools bei Daimler wird dann ein Signal an den Rest des Marktes senden.

Nokia-Lizenz für einige Anbieter

Für Anbieter von Konnektivitätsmodulen und Computerchips stehen neue Klagen gegen Daimler erneut als Nebenkläger vor Gericht. Sie können sich jedoch nicht eines guten Ergebnisses sicher sein.

Beim Nokia-Daimler-Deal sind die Zulieferer die größten Verlierer. Über Nacht ging ihre Forderung nach einer eigenen Lizenz in Rauch auf. Ein EuGH-Urteil darüber, wer in einer Lieferkette von Konnektivitätsmodulen Anspruch auf eine FRAND-Lizenz hat, wäre ihre große Chance gewesen. Aber jetzt ist der Deal abgeschlossen. Der EuGH wird nicht mehr eingreifen.

Die Nokia-Lizenz erstreckt sich zwar auf Zulieferprodukte, jedoch nur, wenn sie in Daimler-Fahrzeugen verbaut sind. Dieselben Komponenten sind nicht enthalten, wenn sie beispielsweise an Renault, Citroen oder Ford geliefert werden.

Der weiße Ritter

Auch deshalb haben sich Lieferanten so vehement um das Recht auf eine FRAND-Lizenz gekämpft. Mit Daimler haben sie nun ihren wichtigsten Unterstützer verloren. Continental kündigte nur wenige Stunden nach Bekanntwerden des Nokia-Daimler-Deals an, die Verfahren gegen Nokia fortzusetzen.

Im eigenen Interesse, aber auch im Interesse der gesamten vernetzten Industrie, fordert der deutsche Anbieter die EU-Kommission auf, im Rahmen seiner SEP-Klagen endlich über seine Marktmissbrauchsklage gegen Nokia zu entscheiden.

Die Vertreter von Continental betonen, dass die „guten Argumente“ auf dem Tisch liegen. Sie behaupten, dass vor allem die 5G-Technologie die Situation verschlimmere. Dafür muss Brüssel zuhören: nicht nur auf Netzanbieter wie Nokia, sondern auch auf Hersteller, die wie Continental den Standard in neue Produkte übernehmen.

Die EU-Kommission hat es jedoch bisher vermieden, ihre Befugnisse auszuüben. Um die Bedenken der Zulieferer ernst zu nehmen, braucht es eine breite Unterstützung von Unternehmen anderer Branchen, die 4G- und 5G-Standards anwenden. Continental allein reicht es nicht, als tapferer weißer Ritter aufzustehen.

Autoindustrie ist gespalten

SEP-Inhaber wie Nokia haben erfolgreich einen Keil in die Autoindustrie getrieben, wie der Deal mit Daimler zeigt. Lange Zeit gab es kaum Klagen um die Autotechnik, weil Zulieferer und Hersteller solche Probleme gemeinsam gelöst haben.

Doch Hersteller und Zulieferer sprechen nicht mehr dieselbe Sprache. Dies macht sie anfällig für Klagen von SEP-Inhabern. In dieser Hinsicht hat sich der Avanci-Pool und die sehr flexible Strategie seiner Mitglieder bewährt.

Französische, italienische, koreanische und US-amerikanische Automobilhersteller ohne Avanci-Lizenz werden keine starke Verhandlungsposition mehr haben. Es sei denn, die EU-Kommission gibt bei der Vergabe von FRAND-Lizenzen für Lieferanten Fuß.

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Quelle: https://www.juve-patent.com/news-and-stories/legal-commentary/nokia-and-daimlers-licensing-deal-is-problematic-for-the-connected-industry/

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