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Informationsanspruch auf tschechische Art: Der Geruch eines Teilsiegs für Chanel gegen den Online-Händler – Kluwer Trademark Blog

Datum:

Das Prager Obergericht als Berufungsgericht erließ sein Urteil im Fall Chanel SAS gegen Notino sro (3 Cmo 107/2022-384 vom 28. November 2023) nach einem fast sechsjährigen Rechtsstreit mit dem tschechischen Online-Händler Notino, a bedeutender europäischer Akteur im Online-Verkauf von Parfümerie- und Kosmetikartikeln.

Die gute Nachricht für Markeninhaber ist, dass das Gericht der Klage im Hinblick auf eine weite Auslegung des Informationsanspruchs nach nationalem Recht zur Umsetzung von Artikel 8 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums stattgegeben hat. Notino wurde aufgefordert, Angaben zu den bisherigen Inhabern und Mengen sowie dem erzielten Preis für alle von Notino verkauften Waren mit der Marke Chanel zu machen, mit der Begründung, dass Chanel durch einen Testkauf erfolgreich nachgewiesen habe, dass Notino illegale Parallelimporte mit Ursprung außerhalb der EU verkauft habe/ EWR. Das Gericht wandte die einschlägige Bestimmung der tschechischen Zivilprozessordnung an, die besagt, dass bei der Untersuchung einer Warenprobe und der Feststellung, dass sie einen Verstoß begehen, die Schlussfolgerung für alle relevanten Waren gezogen werden muss.

Das Gericht wies Notinos energische Verteidigung mit der Begründung zurück, das selektive Vertriebssystem von Chanel sei wegen Inkonsistenz und Diskriminierung nicht mit dem EU-Wettbewerbsrecht vereinbar.

Die schlechte Nachricht für Markeninhaber ist, dass das Gericht der Klage im Hinblick auf die Zeit bis zum Eingang der vorprozessualen Mitteilung bei Notino nur teilweise stattgegeben hat. Nach tschechischer Praxis ist der Informationsanspruch nur dann durchsetzbar, wenn der Beklagte einer vorgerichtlichen Mitteilung, in der er die freiwillige Bereitstellung dieser Informationen fordert, nicht nachkommt.

Das Gericht stellte fest, dass sich eine vorprozessuale Mitteilung nur auf zu diesem Zeitpunkt vorhandene Informationen beziehen kann. Das Gericht führte dementsprechend aus, dass der Anspruch hinsichtlich der Auskunft für den Zeitraum nach Eingang der Vorklage bis zum Tag der Erfüllung nicht zulässig sei.

In diesem speziellen Fall hat Chanel nun ein vollstreckbares Urteil erwirkt, um von Notino Informationen über Notinos Verkäufe von Chanel-Produkten im Zeitraum 02/2015–02/2018 zu erhalten.
Diese zweite Feststellung des Gerichts dürfte künftige Informationsstreitigkeiten vor tschechischen Gerichten für Rechteinhaber komplizierter machen und den praktischen Nutzen der Beschaffung solcher Informationen verringern, wenn diese für sofortige Maßnahmen zur Fälschungsbekämpfung gegen Quellen rechtsverletzender Waren verwendet werden sollen.

Aus dem gleichen Grund kann diese Auslegung als Anreiz für die Beklagten dienen, Verzögerungstaktiken anzuwenden, um das Urteil hinauszuschieben.

Beide Parteien könnten eine außerordentliche Berufung beim tschechischen Obersten Gerichtshof einreichen, sodass die tschechische Informationsanspruchssaga möglicherweise noch weitergeht …

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